Bogenschießen am anderen Ende der Welt
Ein Reisebericht unseres Weltmeisters

Alle zwei Jahre veranstaltet die IFAA (International Field Archery Association) eine Hallenweltmeisterschaft (WIAC) der Amateurbogenschützen. Diese werden immer auf unterschiedlichen Kontinenten durchgeführt. In den Jahren dazwischen gibt es immer eine Kontinentalmeisterschaft, für uns also eine Europameisterschaft. Dieses Jahr wurde für die Hallenweltmeisterschaft Neuseeland ausgewählt.

Der Wettkampf fand vom 08. bis 12. April 2019 statt. Damit hatten die neuseeländischen und australischen Bogenschützen, die man sehr selten zu Wettkämpfen in Europa sieht, auch mal eine reelle Chance auf eine Weltmeisterschaftsteilnahme.

Für meine Frau und mich war nun endlich ein Anlass gefunden, um diese große Reise zu unternehmen. Den Wunsch hatten wir schon länger, es fehlte uns aber der Mut (Linksverkehr, mangelhafte Englischkenntnisse). Aber immerhin musste ich meinen Titel von 2017 in Rumänien verteidigen, da kann man nicht kneifen. Da man so eine Reise um die halbe Welt nicht nur für 5 Tage Wettkampf unternimmt, entschlossen wir uns zu einer sechswöchigen Rundreise. Die ersten drei Wochen erkundeten wir mit dem Wohnmobil die Südinsel. Danach war eine Woche Wettkampf auf der Nordinsel in der Hauptstadt Wellington angesagt. Im Anschluss besichtigten wir noch eine Woche die Nordinsel mit Endstation Auckland.
Die letzte Woche verbrachten wir bei Freunden in Sydney, Australien. So eine Reise verlangt einige Vorbereitung. Da ist z.B. die Einfuhr von Naturfedern in Neuseeland untersagt. Meine Pfeile sind aber mit Naturfedern bestückt. Also setzte ich mich, leider erfolglos, mit der Botschaft und mit dem Zoll in Verbindung und flog mit der Befürchtung nach Neuseeland, dass meine Pfeile evtl., wie die gerupften Hühner dort ankommen.

Im Endeffekt hat der neuseeländische Zollbeamte meine Pfeile kontrolliert, mir viel Erfolg gewünscht und mich freundlich lächelnd durchgelassen. Während der gesamten Reise ist uns die natürliche Freundlichkeit und Entspanntheit der Neuseeländer aufgefallen. Vielleicht liegt es an der Bevölkerungsdichte. (4 Millionen Einwohner auf einer Fläche so groß wie Großbritannien).

Anschlag in Christchurch

Zur Rundreise nur so viel. Sie begann in Christchurch 4 Tage nach dem schrecklichen Anschlag. Die Stadt war ruhig, die Bewohner waren traurig und die Touristen zeigten viel Anteilnahme. Ein Blumenmeer lag in der Nähe des Anschlagsortes.

Zwei Tage nach Beginn der Rundreise gab es im Westen der Insel ein sehr schweres Unwetter. Die Regierung hatte den Ausnahmezustand ausgerufen und nach dem Unwetter mussten die Westküstenstraße und einige Pässe ohne Aussicht auf baldige Freigabe gesperrt werden. Also mussten wir unsere Reiseroute ändern. Trotzdem sind wir 2.200 km durch die Insel gefahren und beendeten unsere Reise wieder in Christchurch. Diese Stadt wurde 2010 und 2011 von schweren Erdbeben heimgesucht. Riesige freie Flächen sind jetzt vorhanden und es herrscht eine rege Bautätigkeit. Überhaupt sind Hinweise auf die Erdbebengefahr und Tsunamis allgegenwärtig.

Auf allen Campingplätzen in Meeresnähe hängen Tafeln mit Fluchtwegen für den Fall eines Tsunamis und Verhaltensregeln im Falle eines Erdbebens. Vielleicht kommt daher auch die Gelassenheit der Neuseeländer. Sie leben ständig mit dieser Gefahr. Glücklicherweise sind wir von diesen Naturgewalten verschont geblieben.

Doch nun zum Hauptanliegen unserer Reise. Der Wettkampf in Wellington fand in einem großen, modernen Sportzentrum statt. Es hatten sich 194 Bogensportler aus 13 Ländern für den Wettkampf angemeldet. Erwartungsgemäß war das Teilnehmerfeld aus Europa sehr gering. Aus Frankreich, Italien, Nordirland, Schottland und Deutschland nahm jeweils nur ein Schütze teil.

WM Neuseeland 2019

Der Wettkampf wurde von einem Angehörigen der indigenen Bevölkerung Neuseelands, einem Maori, mit Gesang eröffnet. Er begrüßte die Sportler in ihrer jeweiligen Landessprache. Dann begrüßte er jeden Vertreter der einzelnen Länder mit dem traditionellen Maori-Gruß, dem Hongi, bei dem die Nasen sich leicht berühren. Nach einigen Ansprachen von Offiziellen endete die feierliche Eröffnung mit dem Gesang der Neuseelandhymne.
Der Wettkampf fand an drei aufeinander folgenden Tagen statt. Dabei wurde täglich eine Standardrunde mit jeweils 60 Pfeilen bei einer Distanz von 18,3 m (20 yards) auf eine Scheibenauflage mit 40cm Durchmesser geschossen. Der Sieger wurde durch Addition der Ergebnisse aller 3 Tage ermittelt. Die Wettkampfbedingungen waren etwas gewöhnungsbedürftig. Da die Halle sehr groß ist, fanden zur gleichen Zeit in anderen Teilen der Halle weitere Sportveranstaltungen statt, die zeitweise sehr lärmintensiv waren. Die Hallenbereiche waren nur durch Vorhänge getrennt. Der Veranstalter spielte deshalb während des gesamten Wettkampfes Hintergrundmusik ab. Dadurch entstand eine lockere Wettkampfatmosphäre. Es war eben einmal anders als in Deutschland.

Weltmeister - Ehrung

Mit meinem Ergebnis war ich zufrieden. Ich konnte meinen Titel verteidigen und zwei neue Weltrekorde erreichen (für eine Standardrunde und für das Gesamtergebnis). Die Siegerehrung und Abschlussveranstaltung fand im feierlichen Rahmen mit einem Bankett und einer Vorführung von beeindruckenden Maori-Tänzen statt.

Nach der Wettkampfwoche fuhren wir nach Rotorua und besuchten ein traditionelles Maoridorf, um einen Einblick in die Maorikultur zu erhalten. Außerdem sind dort 7 aktive Geisyre, blubbernde Schlammlöcher und brodelnde Teiche, und es stinkt an allen Ecken nach Schwefelwasserstoff (faule Eier). Essen wird einfach zubereitet. Loch gebuddelt, Essen rein, irgendwann fertig.

Auf der Weiterfahrt nach Auckland, mussten wir, da von all unseren Freunden genötigt, noch zum Hobbiton Movie Set fahren. Völlig unkundig ließen wir uns von der idyllischen Kulisse für das Auenland, Heimat der Hobbits, gefangen nehmen. Es wurden dort Aufnahmen für „Der Herr der Ringe“ und „Der kleine Hobbit“ gedreht. Wir haben es nicht bereut und werden uns vielleicht diese Filme doch mal ansehen.
In Auckland endete unsere Neuseelandreise, und nach 5-tägigem Besuch von Sydney traten wir unseren langen Rückflug nach Deutschland an. Es waren unvergessliche Erlebnisse.
Bei dem Wettkampf lernten wir neue Bogensportfreunde kennen. Ein neuseeländischer Sportfreund nutzte eine Reise nach Schweden zu einem 5-tägigen Besuch bei uns zu Hause in Lindenberg. Wir hatten viel Spaß mit Douglas und seiner Frau Margaret.
Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Jahr. Da findet dann im März die Europameisterschaft in Belfast/ Nordirland statt.

geschrieben von: Reinhard Braunsdorf

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Wir, der TSV Lindenberg 1994 e.V. beglückwünschen Reinhard noch einmal zu dieser hervorragende Leistung. Wir sind stolz, weiterhin einen WELTMEISTER unter uns zu haben.

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